Interview mit Carina Behrens, Sprecherin der AG Begleitung, über die AG Begleitung und die größten Herausforderungen für die Ehrenamtlichen.
Wie kam es zu der Gründung der AG Begleitung?
Im Nachbarschaftskreis bin ich seit April 2015. Damals waren wir noch nicht in AGs aufgeteilt, denn unser Kreis bestand aus vielleicht 20-30 Personen. Im Mai oder Juni, als abzusehen war, dass der Kreis anwächst, haben wir die AGs entwickelt. Die Einteilung haben wir von einem anderen Nachbarschaftskreis übernommen, als wir gesehen haben, dass das gut funktioniert.
Bei uns funktioniert es zum Glück auch ganz gut: Inzwischen sind wir etwa 60 aktive Personen in der AG Begleitung. Oft ist es so, dass wir Kontakte zu Flüchtlingen über Aktivitäten mit der AG Freizeit haben. Wenn man beispielsweise als neuer Helfer bei einer Aktivität der AG Freizeit mitmacht, kann es vorkommen, dass man direkt angesprochen wird: „Ich habe einen Brief bekommen, was steht da drin?“ oder „Kannst du mich hierhin begleiten?“. Mit der AG Begleitung versuchen wir, diese Begleitung zu unterstützen.
In welchem Bereich braucht ihr derzeit am dringendsten Hilfe?
Das, was uns im Moment am meisten beschäftigt, ist, Wohnungen zu finden. Das heißt, wenn jemand auch nur die leiseste Idee hat, wo man eine Ein-Zimmer-Wohnung herbekommen kann, die die Kriterien erfüllt, die auf dem Flyer (Link) stehen, kann man immer gerne alles senden. Auch wenn jemand Lust hat, uns bei der Wohnungssuche zu unterstützen, kann er oder sie sich gerne bei uns über unsere E-Mail-Adresse (kontakt[at]nk-mitte.de) melden. Da gibt es im Moment am meisten zu tun!
Gibt es denn bestimmte Voraussetzungen, die man mitbringen sollte?
Was wir gerne sehen, ist Zuverlässigkeit. Es kommt ab und an mal vor, dass Leute einen Termin übernehmen und spontan absagen. Das ist für uns nicht schön, weil wir innerhalb von ein bis zwei Stunden selten jemanden organisieren können. Den Flüchtling irgendwo alleine hinschicken möchte man ja nicht – man hat ja nicht ohne Grund für diesen bestimmten Fall einen Begleiter organisiert. Deswegen ist Zuverlässigkeit sehr wichtig.
Auch soziale und interkulturelle Kompetenz sind wichtig. Gerade persönliche Daten auf einem Formular muss man für sich behalten können. Das ist nicht nur aus Datenschutzgründen so, sondern auch weil die Flüchtlinge manchmal gar nicht wissen, was sie da einem eigentlich anvertrauen. Sie zeigen einen Brief und wissen in dem Moment nicht, was drin steht.
Muss man als Helfer in der AG Begleitung tagsüber Zeit haben?
Es wäre super, wenn man tagsüber oder auch vormittags Zeit hat – es muss aber nicht unbedingt sein. Manche Helfer arbeiten „nur“ von zu Hause aus und verwalten Listen oder beantworten E-Mails. Das Ordnerprojekt ist ein anderes Beispiel: Dort bereiten Helfer die Ordner vor und sind dann nicht unbedingt bei den Terminen dabei. Das kann man flexibel gestalten.
Dann gibt es gibt zum Beispiel noch Umzüge oder Transporte, die auch mal am Wochenende oder abends stattfinden können. Und wir suchen immer wieder Elektriker, die Herde nach individueller Absprache anschließen können und dürfen.
Viele Flüchtlinge sind als Familie oder mit Kindern angekommen. Bietet ihr ihnen spezielle Unterstützung an?
Ja, wir helfen bei der Suche nach freien Plätzen für die Kinderbetreuung. Ab einem Jahr haben die Kinder Anspruch auf einen Betreuungsplatz. In einem Heim, wo wir gerade sind, haben wir mittlerweile zehn Kinder unter drei Jahren. Es ist total schwierig, spontan einen Platz zu finden. Deutsche Eltern wissen das und melden ihre Kinder schon Monate vorher an. Diese Möglichkeit haben wir meist nicht, denn die Kinder kommen an und brauchen sofort einen Platz. Wir versuchen dann, mit dem Familienservicebüro Kontakt aufzunehmen, herauszufinden, wo vielleicht noch eine Tagesmutter ist, die noch einen Platz hat. Wir telefonieren viel und fragen nach, bekommen Absagen, telefonieren weiter, bleiben dran. Bei Kindertagesstätten ist es noch schwieriger.
Es gibt aber auch schöne Erlebnisse: Seit letztem Jahr bieten wir in einer Unterkunft eine Kinderspielecke an. Das hat sich noch viel besser entwickelt, als wir anfangs erwartet haben. Leute, die vorher keinen Kontakt gesucht haben, kommen jetzt mit den kleinen Kindern vorbei. Und daraus haben sich jetzt noch ganz andere Sachen ergeben. Dieses Projekt wollen wir gerne auch auf das ehemalige Maritim Hotel übertragen, auch wenn wir noch nicht genau wissen, wie die Räumlichkeiten dort aussehen werden.
Wie geht ihr damit um, dass im ehemaligen Maritim Hotel im Stadtteil Hannover-Mitte Flüchtlinge untergebracht werden sollen?
Im Maritim sollen bis zu 520 Flüchtlinge untergebracht werden. Das Ordnerprojekt und die Spielecke möchten wir nach Möglichkeit auch dort umsetzen, je nachdem, welche Räumlichkeiten wir zur Verfügung gestellt bekommen. Die Eins-zu-eins-Begleitung ist unser Anspruch und wir wollen versuchen, das so gut wie möglich umzusetzen. Aber natürlich kann man nicht 520 Flüchtlinge mit 60 Ehrenamtlichen eins zu eins begleiten. Nichtsdestotrotz brauchen wir auf jeden Fall in absehbarer Zeit viel mehr Unterstützung.
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